Stimme trainieren im Rhetorik-Schnellkurs/ Schritt 2 – Öfter die Stimmlage wechseln

Stimme trainieren im Rhetorik-Schnellkurs/ Schritt 2 –  Öfter die Stimmlage wechseln

Vorab: Wie schläfert der Hypnotiseur sein Medium ein? Auch durch seine Stimme, indem er einige Zeit in monotonem Ton suggeriert: Du bist ganz entspannt! Du bist müde!

Erinnern Sie sich an einen Vortragenden, der immer in einer Tonlage und gleichem Tempo sprach? Wie schwer macht er es seinen Zuhörern, aufmerksam zu bleiben. Psychologischer Grund für monotones Sprechen: Der Redner ist gehemmt, unbeteiligt, müde oder deprimiert. Wenn ein Mensch so auch in anderen Lebenssituationen spricht, also nicht nur beim Reden in der Öffentlichkeit, kann man von der Sprechweise oft auch auf seine Wesensart schließen.
Schon Sokrates sagte: „Sprich, damit ich sehe.“ Andererseits gibt es den Vortragenden, der mit großen Schritten durch den Saal stolziert. An seinem siegesbewussten Lächeln, der schwungvollen Bewegung, mit der er seine Brille aufsetzt, ist zu merken: Der ist sicher, der ist routiniert. Dann tönt seine Stimme durch den Saal; wie die des ersten Helden im Kleinstadttheater. Da entschlummert keiner so schnell – oder? Zehn Minuten ließe sich das aushalten. Aber dann haben sich die Höhen und Tiefen des Routiniers zu oft wiederholt, und die Zuhörer fühlen sich nicht mehr wirklich angesprochen. Dieser Referent hat seinen Vortrag schon so oft gehalten, dass er innerlich nicht mehr beteiligt ist. Oder er hat seine Rede auswendig gelernt. Das Resultat ist ein Pathos. Eine singende Sprechweise, wie sie der Schüler beim Aufsagen eines Gedichtes hat.

Was ist dagegen zu tun und wie können wir unsere Stimme trainieren?

Die Zuhörer wirklich ansehen, sie „abtasten“ und sich von ihnen inspirieren lassen. Zu jeder Rede, die mehrmals gehalten werden muss, andere Formulierungen und Beispiele bringen. Die „Noten“ für den Redner, das Sprechmelos entstehen durch das Durchdenken und Erfühlen der Worte, durch Konzentration auf die Zuhörer und das Wort. Solches Vorgehen charakterisiert einen dynamischen Redner, der schon durch seine Sprache die Zuhörer fesselt. Natürlich beeinflusst das Temperament auch die Sprechweise. Aber der Mut, seine eigene Begeisterung öffentlich zu zeigen, kann hier viel helfen. Also den Vortrag durchdenken, prüfen Sie, wann laut oder leise, schnell oder langsam gesprochen werden muss. Wenn bei den Zuhörern Erkenntnisse hervorgerufen oder eine Meinung erzeugt werden soll, muss Kraft eingesetzt werden. Kraft, die vom Sprecher auf die Zuhörer übergeht: Überzeugungskraft.

Ist Ihnen das auch schon mal passiert? Sie sitzen in einem Cafe. Dann entdecken Sie zwei Tische weiter eine sehr attraktive Dame. Sie ist wirklich eine Dame: das Aussehen, die Kleidung, der Schmuck – alles erlesen und harmonisch. Hätten Sie da nicht auch gedacht: Hier muss Kontakt geschaffen werden? Aber dann tippelt eine andere elegante Frau auf ihren Tisch zu, sie begrüßen sich und nun beginnt das schöne vis-a-vis zu sprechen. Ahnen Sie schon, was passiert? Die Stimme, die Sprechweise sind furchtbar. Ein Quietschton, als hätte man einem Äffchen auf den Schwanz getreten. Vielleicht haben Sie schon mal was ähnliches erlebt. Ein interessant aussehender Mensch – doch wenn er zu sprechen beginnt ist alles Interesse weg.

Woran liegt das? Ist unsere Stimme, unsere Sprechweise schicksalsbezogen? Typgeprägt wie unsere Nase, Hände und andere Körperteile? Die meisten Menschen nehmen es so; sie sprechen, wie sie es einmal gelernt haben. Klangvoll, klar, oder unangenehm und undeutlich. Der griechische Philosoph Sokrates hat schon gesagt: „Sprich, damit ich Dich sehe“. Sicher meinte er damit nicht nur den Klang der Stimme und die Sprechweise, sondern auch das, wie jemand sich ausdrückt, was er sagt und worüber er spricht. Um sprach psychologisch vorzugehen muss man alles berücksichtigen was zum gesprochenen Wort gehört. Also die Stimme, Sprechart, Formulierung und Themenwahl. Achten Sie mal im Theater darauf. Besonders bei den Klassikern werden Sie es bemerken. Die verschiedenen Typen werden auch durch ihre Sprechweise charakterisiert. Die Geizige von Moliere spricht meistens eng, auch unangenehm. Der Held bei Schiller oder Shakespeare hat eine klare Sprechweise. Die Dichter und Maler haben manches Fundament für die Psychologie gelegt. Wir sprechen wie wir sind.

Unsere Sprache ist erst einmal Ausdruck unserer Persönlichkeit. Ein Mensch, der weiß, was er will, wird meistens klarer und härter sprechen. Probieren Sie es mal aus! Schlagen Sie mit der Faust auf den Tisch und sagen Sie konzentriert, energisch: „Ich will weiterkommen.“
Haben Sie gehört, wie Ihre Sprache dynamischer, klarer wurde? Und probieren Sie es jetzt mal anders aus: lehnen Sie sich bequem zurück, lassen Sie ihre Arme schlaff herunterhängen, strecken Sie ihre Beine aus als würden Sie liegen und nun sagen Sie: „Ich will versuchen, weiterzukommen.“ Haben Sie eine Veränderung Ihrer Sprechweise festgestellt?

Menschen, die nicht wissen, was sie wollen, die aus dieser Einstellung heraus ängstlich, bequem oder gleichgültig sind, sprechen meistens monoton und undeutlich. Sie kennen sicher die klassischen Temperamentsbezeichnungen des Griechen Galenos: Sanguiniker, Melancholiker, Choleriker und Phlegmatiker.
Diese Einteilung zeigt sich auch in den verschiedenen Sprechweisen. Sanguiniker ist der kraftvolle; seine Sprechweise ist fest, bestimmt, mehr laut als leise. Die melancholische Einstellung lässt die Stimme etwas dunkler klingen. Der Melancholiker spricht langsamer, zieht die Vokale, das Sprechen wirkt nach einiger Zeit ermüdend. Der Choleriker ist der nervige Typ. Er spricht schneller, abgehackt, die Stimme klingt heller. Und der Phlegmatiker ist unser gleichgültiger Typ: langsam, schleppend, spricht er. Meistens sind die Endsilben nicht mehr zu verstehen.

Aber das Temperament allein macht nicht unser Sprechen aus. Vielleicht haben Sie bei diesen Überlegungen schon an den Dialekt gedacht. Also die Färbung unserer Sprache durch Umweltbeeinflussungen. Wir werden später mal in den Temperamentsbeeinflussungen überlegen was zu tun ist, um die Sprache ausdrucksvoller und noch angenehmer zu machen. Versuchen Sie bis dahin, mal bewusst zuzuhören, wann Ihnen das Sprechen eines Gesprächspartners interessant, sympathisch oder unangenehm vorkommt. Achten Sie besonders mal darauf, wenn es Streit gibt. Nein, nicht in Ihrer Familie, nicht selbst mitmachen, dann ist man kein objektiver Zuhörer. Aber Sie kennen es ja, wenn zwei Frauen sich streiten. Wie hören sich ihre Stimmen an? Ganz hoch, grell, meistens unangenehm. Hass, Neid, Jähzorn – alle unangenehmen Eigenschaften geben der Stimme einen unangenehmen Klang. Güte, Wohlwollen, Harmonie geben auch der Stimme einen harmonischen, angenehmen Klang.

Machen Sie mit bei der Schönheitskur für die Sprache!

Kennen sie diese Werbeaussage einiger Kosmetikfirmen? Sicher ist das eine Grundwahrheit. Vieles in unserem Leben hat einen kausalen Zusammenhang: – Ursache und Wirkung – Oft beginnt das innen und wirkt nach außen. Auch bei der Schönheitskur für die Sprache wollen wir so vorgehen. Shcauen wir auf die Wirkkräfte, die aus unserem Inneren entstehen, aus unserer Persönlichkeit. Machen wir heute den nächsten Schritt und fragen: Was beeinflusst noch mehr unsere Sprache?

Mit entscheidend dabei sind folgende 4 Stationen:

  1. Atem
  2. Kehlkopf
  3. Resonanz
  4. Lippenstellung

Sprechen ist erst einmal nichts anderes als ein tönendes Ausatmen. Je mehr Sie eingeatmet haben, desto mehr kann herauskommen, desto lauter und kräftiger können Sie sprechen. Was halten Sie davon, wenn Sie alles sofort ausprobieren? Sie wissen ja, die Theorie ist grau; farbig wird sie erst durch das Tun. Das sehen wir immer wieder im Praxistest.

Also tun wir es! Lassen Sie uns unsere Stimme verbessern. Stehen Sie bitte auf und gehen Sie in Ihr Badezimmer oder irgendwohin, wo Sie einen Spiegel hängen haben. Aber halt! Nehmen Sie diesen Artikel mit! So, und nun atmen Sie einmal kräftig ein! Achten Sie dabei bitte auf Ihre Schultern! Sind die hierbei mit nach oben gegangen? Ja, probieren Sie es noch einmal. Bitte noch kräftiger einatmen. Bei den meisten Menschen gehen beim tiefen Einatmen die Schultern hoch und der Hals wird eingepresst. Probieren Sie es mal mit zusammengepresstem Hals laut zu sprechen. Es macht Mühe, die Töne herauszubekommen und hören Sie, wie unangenehm es klingt? Wenn Sie längere Zeit so sprechen, werden Sie bald heiser. Wir müssten also zu einer anderen Atmung kommen: Zur Zwerchfell- oder Ganzatmung. Das ist kompliziert, meinen Sie? Ach was! Wir probieren es einfach sofort aus! Bitte holen Sie sich ein Buch. Der Titel ist nicht wichtig, es sollte nur ziemlich dick sein. So, und nun legen Sie sich auf Ihr Sofa oder direkt auf den Teppich und dann das Buch auf den Bauch. Jetzt bitte bewusst ausatmen und langsam einatmen. Haben Sie schon bemerkt, was geschieht? Das Buch geht beim Einatmen hinauf und beim Ausatmen hinunter. Sie atmen nun anders als vor dem Spiegel. Sie atmen jetzt nicht mehr mit dem oberen Teil, sondern mit der ganzen Lunge. Die Lunge ist ein birnenförmiges Gebilde. Oben ist sie schmal, unten wird sie breiter. In der aufrechten Haltung haben die meisten Menschen die Brustatmung, sie atmen nur mit dem oberen Teil der Lunge ein, und zwei Drittel davon bleiben brach. Im Liegen ist nun das Ganze anders, da aktivieren wir noch die ganze Lunge. Daran liegt es, dass so manches Baby lauter schreien kann als mancher Erwachsene. Alle Tiere haben noch diese Ganzatmung. Bauch und Flanke gehen beim Einatmen heraus und beim Ausatmen herein. Es ist also die natürliche Atmung. Es kräftigt die Stimme! Sie klingt angenehmer, auch wenn Sie laut sprechen. Aber es ist auch gesund für Körper und Seele. Der Körper bekommt mehr Sauerstoff. Die Zwerchfellatmung ist wie eine Massage für den Unterleib.

Die psychologische Beeinflussung dieser Atmung wird im Yoga und im autogenen Training weitgehend erfasst. Aber Sie können es auch sofort in Ihrer täglichen Praxis ausprobieren. Wenn Sie aufgeregt sind, dann atmen Sie einmal bewusst langsam ein und aus. Ja, es beruhigt! Wenn Sie beim Reden einmal ins Stocken kommen: bewusst ein- und ausatmen; und dann bei Einwänden Ihres Gesprächspartners: Bevor Sie antworten, erst tief aus- und einatmen. Wenn das zu Ihrer Angewohnheit wird, so kann manches vorschnelle und verletzende Wort vermieden werden. Erkennen Sie es, es gäbe weniger Streit, wenn wir vor dem Sprechen diesen Atemprozess bewusst durchführen. Üben Sie es bitte auch einmal im Sitzen. Vielleicht in Ihrem Büro oder wenn Sie im Vorzimmer des Einkäufers sitzen. Am besten die Füße ausstrecken als würden Sie auf dem Stuhl liegen. Legen Sie die Hände an die Hüfte die Daumen nach hinten und die anderen Finger in Richtung Bauch. Und nun bitte bewusst atmen. Nun müsste der Bauch beim Einatmen herausgehen und beim Ausatmen zurückgehen. Wie bei einem Luftballon, den Sie aufblasen und die Luft dann wieder ablassen. Machen wir doch das Luftballonspiel weiter, so wie die Kinder es machen: Etwas Luft ablassen und dann zudrücken. Atmen Sie einmal aus und stoppen Sie, bevor Sie ganz ausatmen, dann merken Sie, wie der Bauch reagiert. Hierbei trainieren Sie die Zwerchfellatmung. Und wenn Sie in dieser Woche irgendwo an einem Strand liegen, dann das Atmen üben und beobachten. Sehen Sie bitte einmal nach rechts oder links, dann werden Sie sehen, wie die nackten braunen Bäuche sich heben und senken. Wenn Sie sich auf diesen Artikel berufen, können Sie vielleicht auch einmal fühlen bei dem Nebenmann oder bei der Nebenfrau. Ja, dann entsteht durch das bewusste Atmen vielleicht auch noch ein neuer Kontakt. Und wenn Sie noch mehr für die Atmung, für die Stimme und für den Kontakt tun wollen, so rufen Sie dann ganz laut ins Meer, gegen die Wellen, den Vornamen Ihres Atempartners. Ja, das kräftigt die Stimme und … auch den Kontakt. „Atem und Stimme formen die Persönlichkeit. Sie zu bilden, ist ein Vorgang, bei dem der Mensch reift.“

Kleine Entspannung vor dem großen Auftritt

Sie setzen sich möglichst gerade auf die vordere Kante eines Stuhls, die Beine stehen etwa in Hüftbreite nebeneinander, die Augen sind ruhig nach vorne gerichtet, die Handflächen liegen entspannt auf den Oberschenkeln, die Schultern sind ganz locker (!). Mit ruhigem Ein und Ausatmen durch die Nase und dem Nachspüren des Atems in der Bauchbewegung beginnen Sie sich zu sammeln. Sie konzentrieren sich nur auf den Körper, das lässt Sie den Anlass Ihrer Aufregung für diesen Moment vergessen. Nach einer Weile formen Sie ein“ F “ und lassen den Atem nun auf diesem, gut hörbaren (!) Reibelaut ausströmen und zwar in vier Schüben pro Ausatmung. Also: „FFFFFF“ „FFFFFFF“ „FFFFF“ „FFF“ Anschließend strömt neue Luft durch die Nase ein. Das machen Sie einige Male. Zum Schluss lassen Sie dreimal die Luft auf einem ununterbrochenen „FFFFFFFF“ ausströmen, das Sie versuchen, solange wie möglich zu gestalten. ACHTUNG: der gut hörbare Laut sollte immer gleichmäßig sein, und die Luft bis zum letzten Hauch entweichen. Die nachströmende Einatmung ist im Beckenraum besonders gut zu spüren. Das „F“ braucht einen sauberen Kontakt der oberen Schneidezähne mit der Unterlippe, ansonsten ist das Gesicht vollkommen entspannt! Bitte vergewissern Sie sich gelegentlich, zu Beispiel durch ein langsames Schließen und Wiederöffnen der Augen, dass Ihre Augen und Stirnpartie entspannt ist. Das wird Sie stärken für die Aufgabe, die auf Sie wartet. Haben Sie Geduld mit sich selbst. Diese Übung tut immer gut. Nicht immer gleich intensiv, aber immer gut.

Ist die Geige die Rettung? Wann haben Sie zum letzten Mal die Klänge einer Geige gehört? Vielleicht sagen Sie jetzt: „Das ist schon lange her.“ Ja, richtig, in der modernen Band erklingt kaum noch eine Geige. Warum? Ist die zeitgemäße Musik lauter, härter geworden? Passen die weichen Töne der Geige nicht mehr zu unserer Epoche? Manchmal kann man die Menschen und ihre Zeitepochen mit Musikinstrumenten vergleichen. Beim nächsten Gespräch, bei der nächsten Diskussion schließen Sie doch einmal für einen Moment die Augen. Konzentrieren Sie sich nur auf das Zuhören. Vergleichen Sie dann die Stimmen, die Sprechweisen mit einem Musikinstrument.- Der Dicke vielleicht, der viel spricht und sich dabei die Schweißtropfen von der Stirn wischt, hört es sich nicht an wie kurze Trompetenstöße? Und jetzt antwortet die schlanke, spitze Dame. Sie spricht wie Marschmusik von Flöten gespielt. Und der Herr Anwalt mit den grauen Schläfen hat er nicht eine tönende Stimme wie Orgelmusik? Aber hören Sie auch zu bei dem jungen Mann mit dem wilden Blick. Ja das hört sich an wie Trommelwirbel. Sein Freund bestätigt es mit kurzen wuchtigen Sätzen. Er spielt die Pauke zu dem Schlagzeug. Gefällt Ihnen der Schwarzhaarige? Er sagt nicht viel; aber klingt sein melodisches Lachen nicht wie Gitarrenklänge? Und die Mutter – zeitlose Schönheit sammelt sich in ihrem Gesicht und ihre Stimme ist wie ein Klavierkonzert von Mozart. Ihr Mann hat noch gar nichts gesagt oder seine Einsätze wurden von den anderen übertönt. Aber jetzt hat ihn der Trommelwirbel gestellt. Sollte man diese Reaktionäre nicht vernichten, fragt er? Alle schweigen – so, als hebe der Dirigent den Taktstock. Dann gibt er dem Mann der Mutter das Einsatzzeichen. Leise melodische Töne kommen von ihm, die dann lauter und heller werden. Aber immer klangvoll und einfühlsam bleiben wie bei einer Geige.

Ist die Geige die Rettung? Warum?
Weil Einfühlungsvermögen und Sensibilität das Fundament zum Auskommen mit den Mitmenschen sind? Ja, aber zu den psychologischen Gründen kommt noch die physische sprechtechnische Begründung. Wir haben von der 1. Station, vom Atem gesprochen. Heute kommen wir zu den nächsten Wirkkräften die unser Sprechen beeinflussen: Kehlkopf und Resonanz. Der Kehlkopf ist ein empfindliches Knorpelgebilde. In ihm sind feine Härchen. Wenn der Atemstrom darin vorbeikommt, bringt er diese Härchen zum Vibrieren. So entsteht der Grundton des Sprechens. Es ist noch nicht das, was wir als Sprechen vernehmen. Es ist so, als hätten Sie eine Geige ohne Kasten, ohne Holz und würden nun mit dem Bogen über die Saiten streichen. Jetzt hören Sie etwas aber nur ein nicht angenehmes Kratzgeräusch. Die klangvollen Töne kommen erst durch den Resonanzboden, durch das Mitschwingen im Holz. Und so wie die Saiten der Geige empfindlich sind, so ist es auch mit unserem Kehlkopf. Haben Sie es nicht schon selbst erlebt? Sie gehen im Winter aus Ihrem warmen Büro auf die Straße. Sie unterhalten sich mit einem Kollegen. Sie atmen beim Sprechen durch den Mund die kalte Luft ein. Was kann dann passieren? Ja, Sie werden heiser. Sehen Sie, wenn wir den Kehlkopf schon durch kalte Luft verletzen können umso mehr dann, wenn wir beim Sprechen den Kehlkopf einzwängen. Probieren Sie es mal! Drücken Sie das Kinn auf die Brust und sprechen einen Satz. Halt! Nicht mehr! Haben Sie bemerkt wie unangenehm das Gefühl im Kehlkopf ist? Wie gepresst das Sprechen nun klingt? Wenn Sie diese Kopfhaltung beim Sprechen haben und viel oder laut sprechen müssen ist es nur eine Frage der Zeit bis Sie heiser werden. Bis Sie den Kehlkopf verletzt haben.

POLITIKER IN GEFAHR!
Achten Sie mal darauf, wenn Sie einen Politiker reden sehen. Im Fernsehen bei einer Großaufnahme. Sie sehen es dann, wie manch einer beim Reden den Kehlkopf einpresst. Herr Brandt war ein Opfer dieser Sprechstellung. Von seiner Kehlkopfoperation wurde ja in der Presse berichtet. Besonders bei den lebhaften dynamischen Rednern Ist die eingezwängte Sprechweise gefährlich. Unsere Gesundheitsministerin müsste eigentlich alle konventionellen Rednerpulte verbieten. Alle Rednerpulte, bei denen man zu lange nach unten sehen muss. und so den Kehlkopf einzwängt. Aber was ist nun zu tun?- Um den Kehlkopf zu schonen. um die Stimme klangvoller zu bekommen. Probieren Sie es selbst aus: Sprechen Sie einmal „a“ und summen danach ein „m“ Haben Sie es gehört? wo das „a“ gebildet wird? Ja, ganz hinten im Hals und das „m“ vorne zwischen den Lippen. Summen Sie bitte einige Sekunden ein „m“ – Die Lippen müssten dabei vibrieren. Und nun legen Sie beim Summen die Hand auf den Kopf. Fühlen Sie es, die Schädeldecke vibriert mit ähnlich wie der Resonanzkasten der Geige. Und das kann die Rettung sein, für manchen Verkäufer für manchen Chef für viele Politiker für viele, die oft reden müssen. Die Rettung der Stimme sind Stimmübungen. Summen Sie morgens im Badezimmer ein Lied auf „m“. Im Autoradio Lieder auf „m“ mitsingen. Wenn es auch komisch klingt. Wenn Sie auch kein Caruso oder keine Callas sind: Summen Sie, wo Sie stehen und gehen. Lassen Sie das Summen zu einer Angewohnheit werden. Sie retten damit ihren Kehlkopf. Wenn Sie einige Wochen diese Stimmübungen gemacht haben, ist Ihr Kehlkopf schon etwas entlastet. Ihre Stimme wird mehr vorne gebildet und klingt klangvoll wie bei einer Geige. Und im Seminar im Kreis von Gleichgesinnten bekommen Sie weitere Ratschläge für das klangvolle, deutliche Sprechen.

Das Wundermittel
Kennen Sie die Geschichte von Demosthenes mit dem Kieselstein? Aber Sie können statt des Kiesels einen Flaschenkorken nehmen. Und damit sind wir schon bei dem Wundermittel um unsere Stimme zu trainieren.
Bitte nehmen Sie den Korken zwischen die vorderen Schneidezähne und aus der Mappe das Blatt „Ode an die Buchstaben“ und sprechen Sie nun langsam malend den Text. Nach der ersten Strophe schnell den Korken weg und bitte noch einmal langsam, laut und deutlich lesen, jetzt bitte ohne Korken. Haben Sie schon etwas gemerkt, wie Sie plötzlich mit den Lippen sprechen? Das besondere dabei, die Sprechweise ist jetzt ganz vorne. Ein paar Minuten am Tag wirken Wunder für Ihre Stimme.

Ode an die Buchstaben
von Josef Weinheber
U-O Dunkles, gruftdunkles U, samten wie Juninacht! Glockentöniges 0, schwingend wie rote Bronze. Groß und wuchtend malt ihr: Ruh und Ruhende, Not und Tod. Zielstrebiges I, Himmel und Mittagslicht, zitterndes Tirili, das aus der Lerche quillt: Lieb, ach Liebe gewittert flammzüngig aus deinem Laut.

E-A E im Weh und Schnee, grell wie Messer jäh schreckst das Herz du empor – aber wie Balsam legt labend auf das Verzagte sich das Amen des klaren A.

B-F Bebend wagt sich das B aus einer Birke Bild. Feder fein und ganz Mund, flammig wie Frühlingsluft, flötenfriedlich – ach fühl im F die sanften Empfindungen!

G Doch das girrende G, leitet schon den runden Gaum ihr der Gier. Und das Glück, treulos und immer glatt, es entgleitet den Gatten, eh sich wandelt der Rausch in Scham.

H Eh das H mit der Kraft heilige Höhe heilt das gebrochene Herz. Ob auch ein Buchstab nur, H ist hoch : Allen Leben, Atem ist sein erhabener Hauch.

K-L Hauch, entstoßen der Brust, wildes, empörtes K, das voransteht der Kraft, das uns den Kampf befiehlt: Gott ist milde und läßt dir leise folgen der Liebe L.

M-N Gab das M uns im Mahl, gab uns das Maß, den Mut. War Mund hei matlich M, wahrhafter Mutterlaut! Wie so anders dein Nachbar, hat das N nur ein näselnd Nein.

P-R Springt das P mit Galopp über Gestrüpp und Klipp. Löst sich Lippe von Llpp, und das hoch herrsche R dreht, ein Reaktionär, das Rad zurück und beraubt uns rasch.

S Schwarze Luft, und die dröhnt von der Drommeten Zorn, und im Sturm steht das S sauselt steil und stark und es zischen die Wasser schäumend über Ertrinkende.

T Doch das schreckliche Wort, tönend wie Tubaton, formt das doppelte T. Treffendstes, tiefstes Wort: Tod … , Wer fände noch Trost nach solchem furchtbaren Eisbetritt?

W-Z Aber Gott will uns gut, gab auch das weiche W, das wie wohliger Wind über das Weinen weht. Gab das Z uns: Es schließt den Tanz, den Glanz und die Herzen zu.

Mit dem Küssen das deutliche Sprechen üben

Oh, pardon – eigentlich sollten wir den Gedanken umdrehen und sagen: durch das deutliche Sprechen das Küssen üben. Denn meistens ist ja der Kuss die Krönung der Zärtlichkeit oder der Schmuck der Sexualität. Und bei solchen goldenen Minuten sollte man doch ganz konzentriert sein, nicht an andere Themen denken. Aber nehmen wir es mal als heiteres Spiel – als Vorspiel der Liebe oder des Sprechens. Martin Luther hat es schon gewusst. Manches hat er zum Wesentlichen geführt. Mit drei Sätzen hat er es gesagt: Tritt keck auf. Hör bald auf. Machs Maul auf. Waren das Ratschläge für die Liebe? Oh nein. Wir wollen den ehrenwerten Herrn Luther nicht doppeldeutig interpretieren. Für Luther waren es sehr treffende Ratschläge für Redner. Manche Redner – ach, was sagen wir, Redner – viele, die sprechen, machen dabei den Mund nicht auf. Achten Sie einmal, wenn Sie jemand nicht verstehen, auf seine Lippen. Die Lippen bewegen sich dann kaum, der Mund ist fast geschlossen. Woher kommt das? Es kann landschaftliche Beeinflussung sein, also es kommt durch den Dialekt. Daneben liegt gleich die Beeinflussung durch die Umwelt, durch den Kreis, in dem wir aufwachsen. Aber die Ursache liegt auch oft in psychologischen Bereichen. Die Angst, etwas falsch zu sagen, Fehler zu machen. Da huscht man dann mit der Sprache vorbei wie die Katze in einer fremden Gegend. Wie bitte? Was sagten Sie? Erkennen Sie es schon? Das klare, deutliche Sprechen üben kann psychologische Bereiche in Bewegung setzen, zu mehr Klarheit auch in anderen Lebenssituationen führen. Und finden Sie nicht auch: Menschen, die Klarheit ausstrahlen, wirken sicherer, selbstbewusster, überzeugender als die Unklaren. Also, auf zur Klarheit, zur Klarheit in der Sprache. Wie nun vorgehen? Ja, jetzt kommen wir gleich zu dem Küssen, zu den Lippen. Probieren Sie es doch sofort aus: Rollen Sie die Zeitschrift oder einige Bogen Papier mal so zusammen wie ein Sprachrohr – zu Ihnen gewendet ist die Öffnung klein und unten sollte sie breiter werden. Ja, wie ein Sprachrohr oder wie das Hörrohr des Urgroßvaters. Und nun sprechen Sie mal da durch. Ohne Mühe wird nun Ihre Stimme weit durch den Raum getragen. Jeder wird Sie verstehen, selbst in einem großen Saal. Sehen Sie, und wir Menschen haben alle noch unser natürliches Sprachrohr. Das sind unsere Lippen. Wenn Sie beim Sprechen die Lippen wie ein Sprachrohr einsetzen, dann ist das, was Sie sagen, klar und deutlich zu verstehen. Welche Stellung sollten nun die Lippen haben? Sehen Sie sich die Grundstellung der Lippen an, wie sie bei jedem Vokal richtig geformt sind: Beim klaren U sind die Lippen ganz nach vorne gestülpt. Sie bilden eine kleine, runde Öffnung. Beim 0 sind sie etwas mehr geöffnet, fast oval. Beim A ist der Mund dann ganz weit auf wie beim Gähnen. E ist die normale Lippenstellung und I ist breit wie bei einem Grinsen. Aber damit es noch deutlicher wird und noch mehr Freude macht, probieren Sie es doch mal mit einem sympathischen Menschen als Variationen des Küssens aus. Kommen Sie sich dabei etwas näher und formen die Lippen so, als wollten Sie sich ein harmloses Küsschen geben. Im Kölner Karneval sagt man „Bützchen“ dazu. Sind Sie soweit? Und nun sagen Sie beide ein lang tönendes – U -. Haben Sie gehört, wie angenehm es klingt, wenn Sie dabei die Lippen so nach vorne stülpen? Und wenn Sie gerade dabei gelacht haben, ist der Mund breit. Sprechen Sie dann nochmals mit breitem Mund das – U -. Hören Sie, wie flach, wie unangenehm es klingt? Vielleicht sind Sie sich aber beim „U“ etwas nähergekommen. Sagen Sie dann mit der Einstellung: ging das nicht etwas zu weit, ein „0“. Das „A“ beim Küssen zu üben, kann etwas gefährlich werden. Dabei ist der Mund ganz auf, als wollten Sie zubeißen. Oder ist es ein Laut der Lust: ah! „E“ ist der konventionelle Kuss. Vielleicht, wenn Sie „gnädige Frau“ gesagt haben und geben der Dame einen Handkuss. Das „I“ ist noch mehr Etikette: etwa wenn Breschnew oder Honecker den Begrüßungskuss austauschten. Die Karnevalszeit ist ja die Zeit der Heiterkeit, die Zeit des heiteren Küssens.

In einem Rhetorik-Training sind die Übungen um unsere Stimme zu trainieren natürlich noch intensiver, aber auch mit diesen Impulsen und kleinen Übungenkönnen wir konsequent unsere Stimme verbessern.

Hier kommen Sie zum  nächsten, dritten Teil: „Rhetorik-Tipps: Rhetorik-Schnellkurs/ Schritt 3: Machen Sie Ihre Botschaft durch Betonung und Atmung deutlich!“

Lesen Sie auch den ersten Teil: „Rhetorik-Tipps: Rhetorik-Schnellkurs/ Schritt 1 – Selbstsicheres Auftreten“