Rhetorik verbessern: So überzeugen Sie authentisch
Kennen Sie das? Sie stehen vor einer Präsentation, einem wichtigen Gespräch oder möchten einfach Ihre Gedanken überzeugend ausdrücken – und Ihnen fehlen die passenden Worte.
Wer bewusst an seiner Rhetorik arbeitet, kann im Job und Privatleben schneller überzeugen, selbstbewusster sprechen und nachhaltige Wirkung erzielen.
Mit einem gezielten Training kann das jede:r lernen – aber worauf kommt es wirklich an?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Welche rhetorischen Fähigkeiten stärken?
- 2. Rhetorik in 7 Schritten verbessern
- 3. Einfluss der Stimme auf Rhetorik
- 4. Stimme gezielt einsetzen und überzeugen
- 5. Körpersprache & charismatisches Auftreten
- 6. Mimik und Gestik gezielt einsetzen
- 7. Rhetorik-Tipps & Merksätze im Überblick
1. Welche rhetorischen Fähigkeiten stärken?
Rhetorische Fähigkeiten kann man nicht besitzen – man kann sie nur leben und lernen. Rhetorische Fähigkeiten und Rhetorik sind nämlich sehr viel mehr als nur das gesprochene Wort! Gestik, Mimik, Haltung und seine Zuhörer mit Worten zu fesseln – all das sind rhetorische Fähigkeiten.
Sie haben keine Angst vor Menschen zu sprechen? Sie passen sich dem Sprachniveau der Zuhörer an? Unterstreichen Ihren Gesprächsinhalt mit Gestik, Mimik, Wortwitz und verschiedensten Techniken und lassen sich trotz Rückfragen nicht aus dem Konzept bringen?
Dann gehören Sie einer Minderheit an – den geborenen Rhetorikern. Wenn es Ihnen wie der Mehrheit geht, für die Reden vor einer größeren Menschenmenge reiner Stress bedeutet, sei gesagt: Keine Scham! Sie sind erstens nicht alleine und rhetorische Fähigkeiten sind erlernbar und reine Übungssache! So können wir unsere Rhetorik verbessern.
Ein erster Schritt ist es sich selbst bewusst zu werden. Analysieren Sie sich und andere. Achten Sie auf Ihre eigenen Reaktionen. Und achten Sie auch auf Personen, die Sie selbst in den Bann ziehen. Wie schaffen sie das? Warum drehen sich alle Köpfe im Raum zu dieser einen Person um? Wie ist ihre Körperhaltung, ihre Stimmlage, ihre Mimik?
Was ist eigentlich Rhetorik?
Rhetorik verständlich erklärt – Definition, Anwendung und Nutzen
2. Rhetorik in 7 Schritten verbessern
Schritt 1 Sagen Sie „JA“ zu sich selbst.
Sie sind ein Original! Akzeptieren Sie sich so, wie Sie sind. Mit Ihren Stärken und Schwächen. Selbstbewusstsein bringt Selbstvertrauen und Zuversicht. Seien Sie immer ganz Sie selbst, imitieren oder kopieren Sie niemals einen anderen.
Schritt 2 Programmieren Sie sich positiv.
Aktivieren Sie Ihre Lebensfreude und Ihre positive Einstellung. Damit gewinnen Sie eine positive Ausstrahlung, die sich auf andere überträgt. Mit Ihrem Charme und Ihrer Ausstrahlung erzeugen Sie Sympathie. Sympathie erhöht Ihre Glaubwürdigkeit.
Schritt 3 Seien Sie wohlwollend zu Ihren Zuhörern.
Versuchen Sie, die Menschen zu mögen, die Sie ansprechen. Sprechen Sie immer zuerst die positive Seite der anderen Menschen an. Danach können Sie gerne etwas kritisch werden – aber nicht ohne mit etwas Positiven wieder abzuschließen. Gezieltes Lob, Achtung und Wertschätzung sind der Schlüssel zum Herzen Ihrer Zuhörer.
Schritt 4 Reden Sie immer nur mit einem Zuhörer.
Nehmen Sie Augenkontakt auf mit dem Zuhörer, der Ihnen am meisten Wohlwollen signalisiert. Beginnen Sie zu reden, und schauen Sie ihn an. Dann suchen Sie eine zweite Person, die positiv zurückreagiert. Abwechselnd reden Sie mit diesen beiden. Dann suchen Sie einen dritten, einen vierten „Freund“ und weiten so Ihren „Freundeskreis“ aus, bis alle Ihre Freunde sind.
Schritt 5 Streben Sie keine rhetorische Perfektion an.
Rhetorische Fehlleistungen sind in der freien Rede erlaubt. Sie erzeugen eine emotionale Annäherung zwischen den Zuhörern und Ihnen. Jeder denkt: „Das könnte mir auch passieren!“ Konzentrieren Sie sich nicht aufs Reden, sondern auf Ihre Zuhörer, und lassen Sie es einfach reden. Es redet dann schon!
Schritt 6 Geben Sie Ihren Gesprächspartnern genügend Zuwendung.
Signalisieren Sie Ihren Partnern mit Augenkontakt und freundlichem Gesicht, dass Sie sich für sie interessieren. Registrieren Sie, was Ihnen die Zuhörer körpersprachlich signalisieren und nehmen Sie darauf Bezug.
Schritt 7 Versuchen Sie, Emotionen zu produzieren.
Verwenden Sie emotionale Ich-Botschaften (Ich-Aussagen). Sprechen Sie Ihre Gefühle aus, die mit Ihren Aussagen, Thesen, Meinungen und Beispiele zusammenhänge (Ich bin beeindruckt; ich bin beunruhigt; ich zweifle; es beschäftigt mich usw.).
3. Einfluss der Stimme auf Rhetorik
Haben Sie sich jemals überlegt, dass jeder von Ihnen in seiner Stimme und seiner Sprache einen Zauberstab besitzt? Ein „Sesam öffne dich!“ für die Herzen Ihrer Gesprächspartner, Ihrer Nachbarn, Ihrer Kollegen – ja, auch Ihrer Chefs?
Die Sprache gibt uns die Möglichkeit, uns mit anderen Menschen zu verständigen.
Nun – weder sollten Sie affig und geziert sprechen, noch, sich die Zunge zerbrechen an hochtrabenden Wortgebilden und komplizierten Sätzen. Aber auf einige kleine Unarten sollten wir alle immer wieder achten.
Gewiss, wenn wir die Sprache einer fremden Bevölkerung nicht verstehen, dann müssen wir zu dem ersten und allen Menschen verständlichen Mittel greifen: zur Gebärde.
Die bittend ausgestreckte Hand und den drohenden Zeigefinger – beide durch unsere Mimik unterstützt – versteht ein jeder – auch in einem fremden Land. Aber die Menschen mit denen wir täglich zusammenkommen, sprechen ja unsere Sprache. Nur – Sie sprechen Sie nicht alle gleich!
Da tauchte vor einiger Zeit bei unserem Textileinzelhändler eine neue Verkäuferin auf: sauber, adrett, sie bediente flink, sachkundig, geschickt und freundlich. Dennoch gingen die meisten im großen Bogen um sie herum. Das junge Mädchen hatte eine so unangenehm quäkende, fast keifende Stimme, dass man unter ihrer Anrede unwillkürlich zusammenzuckte. So oft wird Ihnen gepredigt: „Seien Sie freundlich, – seien Sie entgegenkommend, liebenswürdig – zeigen Sie ein fröhliches, lächelndes Gesicht!“
Aber Ihre Stimme, lächelt die auch?
4. Stimme gezielt einsetzen und überzeugen
Studien haben ergeben, dass der Klang der Stimme circa 35 % ausmacht, ob wir von unserem Gesprächspartner als seriös wahrgenommen werden. Hingegen trägt nur 7 % der Inhalt zu unserer Überzeugungskraft bei. Und trotz diesen Wissens lassen wir meist das Potenzial unserer Stimme brach liegen. Doch das können Sie jetzt ändern! Denn Stimme erzeugt Stimmung!
Tipps für wirkungsvolles Sprechen
- Üben Sie das laute Lesen! Am besten nehmen Sie sich selbst auf. So können Sie später Ihren stimmlichen Ausdruck analysieren.
- Variieren Sie beim Vorlesen zwischen Lautstärke, Tempo und Tonlage.
- Legen Sie unbedingt Sprechpausen ein!
- Versuchen Sie banale Sätze in verschiedenen Stimmungen wiederzugeben – mal fröhlich, mal ernst, mal erschrocken.
Stimme bewusst einsetzen – Ihre Ausdruckskraft vertiefen
Ihre Stimme ist mehr als nur ein Transportmittel für Worte – sie ist ein kraftvolles Ausdrucksinstrument, das Stimmung, Persönlichkeit und Klarheit vermittelt. Um diese Ressource gezielt zu stärken, empfehlen wir drei vertiefende Artikel:
- Rhetorik‑Tipps: Stimmlagen bewusst wechseln – Lernen Sie, wie dynamische Tonhöhen Aufmerksamkeit und Redetempo steuern.
- Der Ton macht die Musik: Stimme bewusst einsetzen – Techniken für mehr Präsenz und Authentizität im beruflichen Alltag.
- Stimmig sprechen in unterschiedlichen Situationen – Ein umfassender Ratgeber zu Stimmeinsatz, Atmung und Sprechtempo.
Mit diesen Artikeln verbessern Sie Ihre stimmliche Präsenz – für eine klare, überzeugende Kommunikation.
Eine starke und überzeugende Stimme lässt sich erlernen.
5. Körpersprache & charismatisches Auftreten
Rhetorik bedeutet auch, mit seinem ganzen Körper zu kommunizieren. Auch so können wir unsere Rhetorik verbessern. „Plappern mit den Händen“. Öffnen und schließen wir auf Höhe der Körpermitte, in Höhe der Taille die Daumen-Finger-Klammer, so signalisieren wir anderen Personen „lasst uns darüber reden“. Mit einem genervten Blick kann die gleiche Geste auch bedeuten: „Du übertreibst total“. Auf dem Weg zum Erwachsenwerden, ermahnten uns die Eltern: „Sprich nicht immer mit Händen und Füßen“. Was wir mit unseren Händen und Füßen machen sollten, hat man uns verschwiegen.
Gestik hat nicht nur einen kommunikativen Zweck, „Gesten sind Geschwister des Denkens“. Das erklärt auch, warum wir gerne beim Telefonieren gestikulieren. Das Auf und Ab der Hände während des Sprechens kann durchaus von Vorteil sein, denn Studien beweisen, das gleichzeitiges Reden und Gestikulieren den Gedankenfluss fördern. Gestikulieren ist ein Mittel, beim Sprechen innere Spannungen auf natürliche Weise loszuwerden. Behindern wir Arme und Hände, entlädt sich der Bewegungsdrang oft in andere Körperteile. Hier unterstützt er nicht Ihre Worte, sondern lenkt davon ab, wie z.B. das Fußwippen, auf dem Stuhl rutschen, das Herumgehen beim Reden oder das Herumspielen mit einem Gegenstand. Gesten sind natürliche, redebegleitende und unterstützende Ausdrucksmittel.
Menschen, die nur wenig oder gar nicht gestikulieren, neigen auch von der Betonung und Sprechmelodie her zu Monotonie. Tendenziell bilden sie komplizierte Sätze, haben mehr Versprecher und bleiben häufig stecken. Es fällt schwer ihnen lange Zeit aufmerksam zuzuhören. Der Einsatz der Gesten verbessert den Sprechausdruck und damit die Verständlichkeit insgesamt. Mit Einsatz von Gestik ist nicht das Einüben bestimmter Gesten für bestimmte Redepassagen gemeint, sondern der natürliche Fluss von Gesten, der sich von selbst einstellt, wenn wir uns sicher fühlen und jemandem etwas erklären oder erzählen. Je angespannter oder unsicherer wir sind, desto sparsamer wird unsere Gestik. Entsprechend wenig überzeugend sind wir.
Weiterführender Artikel
Tipps für mehr Präsenz und Wirkung beim freien Sprechen.
6. Mimik und Gestik gezielt einsetzen
Kennen Sie das? Wenn wir uns freuen, lächeln wir. Es gibt keinen bewussten Befehl, der uns sagt: „Jetzt bitte lächeln“. Wenn wir wütend sind, hauen wir manchmal unvermittelt mit der Faust auf den Tisch. Wenn wir ungeduldig sind, wippen wir unbewusst mit dem Fuß.
Was sagt uns das? Unser Körper spiegelt unsere Emotionen. Mitunter schneller, als uns diese Emotionen selber bewusst sind. Das Konzept des Embodiment wird zunehmend in der Psychologie (besonders der Sozialpsychologie und Klinischen Psychologie) verwendet, um die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche zu betonen. Nicht nur drücken sich psychische Zustände im Körper aus, es zeigen sich auch Wirkungen in umgekehrter Richtung: Körperzustände beeinflussen psychische Zustände.
Einen spannenden Versuch hierzu führten die US-amerikanischen Psychologen John Riskind und Carolyn Gotay durch. Sie ließen Probanden acht Minuten in aufrechter oder zusammengekauerter Sitzhaltung verweilen und gaben anschließend allen denselben komplexen Test.
Das Ergebnis: Die aufrechte Körperhaltung förderte Durchhaltewillen und Motivation. Die gekauerte Haltung führte schneller zu Mutlosigkeit.
Solche Effekte nutzt auch die bekannte „Power-Pose“. Vor wichtigen Gesprächen kann es helfen, einige Minuten eine kraftvolle Haltung einzunehmen: Stellen Sie sich breitbeinig hin, recken Sie die Arme in die Höhe oder stützen Sie eine Hand in die Hüfte.
Diese Haltung stärkt nachweislich Ihr Selbstbewusstsein – nach innen wie nach außen. Probieren Sie es aus und beobachten Sie, wie Ihre Wirkung steigt.
7. Rhetorik-Tipps & Merksätze im Überblick
Wenn wir wollen, dass die Zuhörer unseren Ausführungen bis zuletzt folgen, müssen wir es ihnen so leicht wie möglich machen.
Das bedeutet unter anderem in kurzen Sätzen reden, möglichst in Hauptsätzen, wenige Nebensätze, Schachtelsätze ganz vermeiden.
Beim Lesen ist es weiter nicht schlimm. Hat man einen Satz auf Anhieb nicht verstanden, dann liest man ihn eben noch einmal, und, wenn nötig, noch einmal.
Beim Reden kann man nicht zurückblättern. Was vorbei ist, ist vorbei.
Haben die Zuhörer etwas nicht verstanden, weil sich der Redner kompliziert ausdrückte, dann erleiden sie einen Informationsverlust, und wenn diese sich häufen, dann schalten sie ab.
Oder noch schlimmer: Sie erkundigen sich bei ihrem Nachbarn, und das ist oft der Anfang einer um sich greifenden Unruhe im Saal.
Daher: Hauptsätze, Hauptsätze, Hauptsätze!
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Weiterführendes Training:
Wer diesen Artikel verfasst hat
Der Artikel wurde vom Clara v. Sydow verfasst. Sie ist Geschäftsführerin und Teil des Trainerteams des momentum – Institut für Rhetorik und Kommunikation. Unser Team besteht aus zertifizierten TrainerInnen mit langjähriger Praxis.
Die Autor:innen vereinen wissenschaftliche Fundierung mit praxisnaher Anwendung und bringen umfangreiche Erfahrung aus den Bereichen Rhetorik, Kommunikation, Präsentation, Psychologie und Führung mit.
Unsere Inhalte verbinden bewährte Kommunikationsprinzipien mit aktuellem Wissen – klar erklärt, praxisnah aufbereitet und direkt anwendbar.