Ratgeber Stimme: Stimmig Sprechen in unterschiedlichen Situationen

Erleben Sie neue Bausteine des lebendigen und professionellen Stimmtrainings und damit Faktoren, die für Stimme und Sprechen „verantwortlich“ sind. Die Fähigkeit, in unterschiedlichen Situationen authentisch sprechen und unangestrengt zur angemessenen Lautstärke zu kommen, können wir üben. Körpersprache und Stimme beeinflussen sich gegenseitig. Feststellen können wir: Je ausdrucksstärker die Stimme, desto ausdrucksstärker die Körperprache.

Unsere Stimme –  ein Teil unseres Körpers.

Haben Sie sich jemals überlegt, dass jeder von Ihnen in seiner Stimme und seiner Sprache einen Zauberstab besitzt? Ein „Sesam öffne dich!“ für die Herzen Ihrer Gesprächspartner, Ihrer Nachbarn, Ihrer Kollegen – ja, auch Ihrer Chefs? Die Sprache gibt uns die Möglichkeit, uns mir anderen Menschen zu verständigen.
Nun – ch möchte weder, dass Sie affig und geziert sprechen, noch, dass Sie sich die Zunge zerbrechen an hochtrabenden Wortgebilden und komplizierten Sätzen. Aber auf einige kleine Unarten sollten wir alle immer wieder achten.

Gewiss, wenn wir die Sprache einer fremden Bevölkerung nicht verstehen, dann müssen wir zu dem ersten und allen Menschen verständlichen Mittel greifen: zur Gebärde. Die bittend ausgestreckte Hand und den drohenden Zeigefinger –beide durch unsere Mimik unterstützt – versteht auch der jeder auch in einem fremden Land. Aber die Menschen mit denen wir täglich zusammenkommen, sprechen ja unsere Sprache. Nur – Sie sprechen Sie nicht alle gleich!

Da tauchte vor einiger Zeit bei unserem Textileinzelhändler eine neue Verkäuferin auf: sauber, adrett, sie bediente flink,  sachkundig, geschickt und freundlich. Dennoch ging ich im großen Bogen um sie herum. Und das tat ich nicht allein. Das junge Mädchen hatte eine so unangenehm quäkende, fast keifende Stimme, dass man unter ihrer Anrede unwillkürlich zusammenzuckte. Mir tat das junge Mädchen leid, denn es wusste offensichtlich nicht, von dieser Wirkung. So oft wird Ihnen gepredigt: „Seien Sie freundlich, – seien Sie entgegenkommend, liebenswürdig – zeigen Sie ein fröhliches, lächelndes Gesicht!“ Aber Ihre Stimme, lächelt die auch?

Stimm-Energie durch Atmung

Sie alle atmen auf, wenn ein schwieriger Gesprächspartner doch zufriedengestellt werden kann. Der berühmte Stein poltert zu Boden, und erlöst stellen Sie fest: „Das wäre geschafft!“ Bitte – atmen Sie doch einmal so befreit und erlöst auf! Bitte heben Sie dabei nicht die Schultern, sondern spüren Sie mit der flachen Hand, dass sich der Bauch sich ein wenig vorwölbt, wie das im Schlaf ganz selbstverständlich geschieht.

Wissen Sie, was dabei geschieht? Mit der Luft, die wir ganz tief in unsere Lungen holen, strömt Sauerstoff herein. Diesen Sauerstoff braucht unser Körper zur Schaffung neuer Energie, zur Bildung neuer Kraft; und diese haben wir ja nach solcher Anstrengung bitter nötig. Sie kennen alle Tage, an denen wir Bäume ausreißen könnten. Dann sind wir vergnügt, die Arbeit fliegt nur so, und kein Gesprächspartner kann uns wiederstehen. Und kennen Sie auch andere, die bösen, trüben Tage, die voll sind von der Tücke des Objekts, und der Menschen? Wir knurren – innerlich und äußerlich, sehr zu unserem eigenen Schaden!

An solchen Tagen kann das bewusste, tiefe Atemholen Wunder wirken. Wir holen uns damit das Stückchen Kraft,  das uns gerade heute fehlt, um fröhlich und tatkräftig sein zu können. Und unsere Stimme ist ein Teil unseres Körpers! Mit ihm lacht und weint sie, mal freut und quält sie sich oder ist gepresst und eng. Nur Odysseus konnte seinen Bogen spannen – nur er besaß die Kraft, ihn in federnder Elastizität zu halten, bis der Pfeil abschwirrte.  Aber auch jeder von uns besitzt in seiner Stimme den Bogen, der ihm eigen ist und der sich spannt vom ich zum Du, vom einen zum anderen. Ihn in federnder Spannung zu halten – darauf kommt es an! Und dabei hilft uns der tiefe Atem.

Dialekt oder Hochdeutsch?

Und nun noch ein Wort zur Sprache. Dialekt oder Hochdeutsch – das ist die Frage. Denken Sie bitte wieder an das Bild des Bogens. Über den Dialekten unserer deutschen Lande spannt sich der Bogen der deutschen Hochsprache. Sie werden gut daran tun, in Ihrer alltäglichen Arbeit dort Dialekt zu sprechen, wo es angebracht ist. Und es ist schön, wenn Sie Ihren heimatlichen Dialekt wirklich sprechen können.

Ebenso schön, und vor allem notwendig aber ist es, dass Sie die deutsche Hochsprache beherrschen. Dann kann es keine Schwierigkeiten geben, weder gegenüber anderen Gesprächspartnern, noch dann, wenn Sie einmal in eine andere Gegend Deutschlands ziehen.

Lebendigkeit in der Umgangssprache üben

Was bedeutet es nun aber, die deutsche Hochsprache zu beherrschen? Ich greife nur einen Punkt heraus: Ein erwachsener Mensch kennt einige tausend Wörter. Aber er verwendet nur einen Bruchteil davon in seiner täglichen Umgangssprache. Wir sind so faul und machen es uns so bequem. Ja, ich weiß, solche Modewörter greifen wie ein „Schnupfen“ und sind so verlockend! Aber wir bezahlen diese Sünde gegen den Geist der Sprache mit dem Stempel: „Nachlässig – träge – uninteressant.“ Wissen Sie, wie ein solcher Stempel brennen kann? Und wie schwer er auszulöschen ist? Ludwig Reiners gibt in seinem Buch „Der sichere Weg zum guten Deutsch“ ein schlagendes Beispiel:

Statt zu unterscheiden zwischen folgenden Wörtern

statt all dieser 34 Wörter sagt man „prima!“

und hat sich jedes Nachdenken gespart, wie die Sache in Wirklichkeit ist.“ Ohne Nachdenken geht es aber nicht. Und Selbsterziehung ist auch auf diesem Gebiet unerlässlich, wenn wir weiterkommen wollen.

Bewegungen und Körpersprache bewusst einsetzen

In einem Zweiergespräch oder in einer Kleingruppe können große Bewegungen leicht unpassend und aufgesetzt wirken, es sei denn, sie werden bewusste eingesetzt. Beispiel: „Beeilen wir uns, damit wir Schlimmeres verhindern.“ Geben Sie Ihrer Stimme in dem Moment Schwung und eine gewisse Variabilität. Gehen Sie auf Entdeckungsreise, sammeln Sie Erfahrungen und Gewohnheiten. Eigene positive oder negative Erfahrungen werden bewertet und klassifiziert. Sie wirken dann wie Filter, durch die die Welt wahrgenommen wird.

Mit Worten werben wir um die Gunst des Partners und das Okay des Vorgesetzten. Wir alle lieben Menschen, die lebendig und abwechslungsreich sprechen. Was sollten wir betonen? Körpersprache und Stimme beeinflussen sich gegenseitig. Feststellen können wir: Je ausdrucksstärker die Stimme, desto ausdrucksstärker die Körpersprache.

Passen Sie Ihre Gesten der Gruppengröße an. Als Orientierung können Sie sich daran halten, dass große Bewegungen ab einer Gruppengröße von ca. 20 Personen gut einzusetzen sind.