Framing – Sich seiner eigenen unbewussten Bedeutungsrahmen unseres Denkens bewusst werden lassen.

1. Framing: Warum ist das Thema so aufschlussreich?

 

„Das Glas ist halbleer!“ – oder doch eher „halbvoll“? Dieses sprachliche Bild – wir nennen es Framing – kennt wohl jeder von uns. Egal wie wir das Wasserglas beschreiben würden: es bliebe dieselbe Information. Jedoch ist die halbvolle Beschreibung positiver und die halbleere negativer besetzt.

Oder wie sieht es aus im Gespräch mit Ihrem Chef? Erzählen Sie lieber vom gesteigerten Gewinn oder sprechen Sie über die verringerten Kosten eines Projekts? Hier macht die Wortwahl die Musik, wenn Sie einen positiven Eindruck hinterlassen möchten.

Dasselbe gilt für die Unternehmenskommunikation. Haben Sie die Aufgabe zugeteilt bekommen die Belegschaft zu einer positiven Haltung gegenüber der Digitalisierung zu motivieren? Sie sprechen wahrscheinlich dabei eher von „neuen Lösungen und Möglichkeiten“ durch die Digitalisierung, als von „Herausforderungen und neuen Problemstellungen“.

Wir können durch unsere Sprache also eine Information in zwei völlig entgegengesetzte Richtungen lenken.

  • In der Wissenschaft spricht man dabei auch vom Framing (zu Deutsch: „einrahmen“). Vereinfacht gesagt bedeutet Framing nicht mehr als das sprachliche Einrahmen von Fakten.
  • Setzen wir keinen inneren nicht diese Art von Deutungsrahmen, hat ein Fakt oder Motiv keine Bedeutung für uns.

In der Linguistik wird dieses Thema schon lange diskutiert und erforscht. Aber auch in der breiteren Öffentlichkeit tritt das Konzept des Framings immer mehr zum Vorschein. Deutungsrahmen die in unserem Gehirn Wissen organisieren und Informationen einen Sinn zuordnen? Natürlich möchte man darüber mehr wissen. Vor allem, wenn man eigentlich davon ausgeht, Herr seiner eigenen Gedanken zu sein.

2.Wo lässt sich Framing besonders deutlich beobachten?

 

Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass wir Menschen in Form von sogenannten Frames denken. Über die Tragweite dieser Feststellung wird in der Wissenschaft jedoch rege verhandelt. Manche Stimmen behaupten, dass das Framing eine enorme Tragweite in unserer persönlichen Weltwahrnehmung und -darstellung besitzt.

George Lakoff und Elisabeth Wehling, beide tätig in der Sprachwissenschaft, nennen Frames sogar die heimlichen „Machthaber“ unseres Denkens und unsers Handelns. Ohne es uns bewusst zum machen, strukturieren Frames demnach unser Alltagsleben und die Meinungen, von denen wir uns einbilden, diese selber zu formen.

Mit jedem Wort, mit jedem Satz und mit jeder Verneinung, die wir aufnehmen, aktivieren wir einen Frame. Ein einziges Wort kann eine Fülle von Gedanken hervorrufen. Hören wir das Wort „Sommer“ denken wir automatisch an Hitze, Freibadbesuche, Eis oder Urlaub. Unser Gehirn ruft alles auf, was wir mit diesem Wort assoziieren und mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Eine Information, eine bestimmte Formulierung, kann somit zahlreiche Assoziationen haben.

Was entscheidet über die Aktivierung unterschiedlicher Frames? Es ist die Wortwahl. Unterschiedliche Formulierungen mit demselben Inhalt, können verschiedene Emotionen hervorrufen.

  • Eine Information kann demnach positiver oder negativer verpackt werden.
  • Die Auswahl eines bestimmten Wortes gibt also einen Rahmen vor, in dem wir denken. Denken wir nur wieder an das „halbleere“ oder „halbvolle“ Glas.

Welche Beispiele unserer Alltagssprache gibt es für Framing?

Ein gezieltes Framing kommt vor allem in der Politik und in der Werbe-Branche zum Einsatz. Ein bekanntes Beispiel aus der politischen Sprache ist die Verwendung des Ausdrucks „Flüchtlingswelle“. Auf den ersten Blick sagt der Ausdruck aus, dass viele Menschen auf der Flucht sind. Die Verbindung des Wortes „Flüchtlinge“ und „Welle“ schafft jedoch einen negativen Rahmen. Geflüchtete Menschen werden zu einer Welle gemacht. Damit werden sie mit einer unkontrollierbaren Naturgewalt gleichgesetzt. Diese negative Art des Framings kann unsere Wirklichkeit verändern und sich in unserem Sprachgebrauch manifestieren.

Aktuelles Beispiel: Corona-Pandemie:

Auch in der Corona-Pandemie können wir die unterschiedlichen Verwendungen von Frames in der internationalen Politik beobachten. Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach gleich zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2019 davon, dass sich das Land im „Krieg“ befinde mit dem Virus. Ein Wort, das die Assoziationen Waffen, Leiden und Tod hervorruft. Auch der ehemalige US-Präsident Donald Trump hat letztes Jahr dem Virus „den Krieg erklärt“ und sprach von einem „unsichtbaren Feind“. Eine extreme Wortwahl, um die Ernsthaftigkeit einer Situation deutlich zu machen. Sprache hat in Krisen eine enorme Wirkung. Bezüglich der deutschen Politik sprechen Politikbeobachter davon, dass Angela Merkel in der jetzigen Krise sehr bemüht ist, ihre Politik zu erklären. Ihre Ansprache „Es ist ernst, nehmen Sie es auch ernst“ blieb erstmal hängen. Handelt es sich hierbei um den Versuch eines ehrlichen Framings?

Wird Framing bewusst in der Politik (und auch der Werbung und im Marketing) eingesetzt, soll hier gezielt die Meinung von Menschen beeinflusst werden und ist damit eine Art der Manipulation.

Ist Framing damit also grundsätzlich etwas Negatives? Nein, Sie müssen aber jetzt keine Angst vor Framing haben. Prinzipiell ist Framing nichts Schlimmes. In Gesprächen schaffen wir mit unseren Äußerungen Rahmen, ohne dass wir es beabsichtigen. Um einen bewussteren Umgang mit Formulierungen in unserem Alltag und in unserer Arbeitswelt zu schaffen oder aber auch die Intention eines bestimmten Sprachgebrauchs zu hinterfragen, lohnt sich die Auseinandersetzung mit der Thematik.

3. Framing: Wie genau funktionieren die Mechanismen? Wir lassen die Wissenschaft sprechen.

 

Die Metaphoriktheorie von Max Black:

Einen umfassenderen Ansatz des Framing-Konzepts liefert der Sprachforscher Max Black mit seiner kognitiven Metaphoriktheorie. Laut Black ist das Gehirn des Menschen von Geburt an visuell orientiert. Es kann nicht anders, als in Bildern zu denken beziehungsweise in Metaphern.
Blacks Filtertheorie: Max Black unterscheidet in Primär- (topic term) und Sekundärgegenstand (vehicle term), die zusammen ein sprachliches Bild ergeben.

Ein Beispiel:

  • Beim bereits vorangegangenen Beispiel der „Flüchtlingswelle“ wäre das Wort „Flüchtling“ Primärgegenstand und das Wort „Welle“ Sekundärgegenstand.
  • Das Wort „Flüchtling“ wird durch das Vehikel „Welle“ gefiltert. Dies geschieht dadurch, dass der Sekundärgegenstand den Primärgegenstand in ein anderes Licht rückt. Wie bereits angedeutet wird der Begriff „Welle“ mit einer Naturgewalt assoziiert, die man nicht kontrollieren kann und unter Umständen unschuldige Opfer fordert.
  • Den Begriff „Flüchtling“ verbindet man im Gegensatz dazu mit Not, Flucht und provisorischen Unterkünften.
  • Bringt man diese beiden Frames zusammen, ergibt sich das negative Sprachbild, das wir in den Medien zahlreich sehen können.

Einprägen durch Wiederholung: Max Black geht aber noch einen Schritt weiter. Er behauptet, dass sich eine Metapher immer weiter in unserem Gehirn festsetzt, je mehr wir sie wiederholen oder diese wiederholt auf uns von außen einwirkt. Wird eine Metapher ständig in einer Debatte wiederholt, dann wird sie zu unserem Common Sense und schafft so unbewusst die Realitäten in unseren Köpfen.

Sind uns diese Prozesse eigentlich bewusst? Kognitive Linguistik laut Lakoff und Wehling.
Laut dieser Theorie sind wir uns großenteils dessen nicht bewusst darüber, dass wir die Welt in eingerahmten Metaphern begreifen. George Lakoff und Elisabeth Wehling stellen in ihrer gemeinsamen Arbeit „Auf leisen Sohlen ins Gehirn. Denken in Metaphern. Die heimlichen „Machthaber“. Was wir denken über unser Denken zu wissen“ heraus, dass Denken kein bewusster Prozess ist. Ganze 80 % unseres Denkens geschieht unbewusst.
Lakoff und Wehling unterscheiden in diesem Zusammenhang zwischen zwei Arten von Frames.

  •  Zwei Arten von Frames: Surface Frames und den Deep Seated Frames.

Surface Frames sind die Deutungsrahmen auf der sprachlichen Ebene, mit denen wir Wörter und Sätze erfassen.

Die Deep Seated Frames hingegen sind tief in unserem Gehirn verankerte Frames und strukturieren unser generelles Verständnis von unserer Welt.

Laut dieser Theorie ist das menschliche Denkvermögen keine Instanz unabhängig von unserem Körper, alles Denken ist physisch.
Laut Lakoff und Wehling prallen Fakten die unserem Common Sense widersprechen an diesen tief verankerten Frames ab. Es kann passieren, dass Fakten ignoriert werden und so die Frames bestehen bleiben. Dies ist Teil des nicht bewussten Denkprozesses unseres Gehirns quasi ein physischer Automatismus.

Alternative Frames können zum Umdenken anregen und Informationen die nicht in die gefestigten Frames passen, Bedeutung verleihen. Es ist zwar möglich in Frames zu denken, die sich widersprechen, nur können diese nicht simultan aktiviert werden nach Lakoff und Wehling. Unser Gehirn braucht immer eine kurze Umschaltpause, denn es kann immer nur ein Frame zu einer Zeit aktiviert werden.

So viel zu der Ansicht der kognitiven Linguistik, die sehr durch George Lakoff und Elisabeth Wehling geprägt ist.
Sind wir den Fames nun wirklich schutzlos ausgeliefert? Sind wir Menschen etwa nicht rein rationale Wesen und achten überhaupt nicht auf Fakten? Es sei denn, sie passen in unseren eigenen Frame, der sich klammheimlich durch einfache Wiederholung in unseren neuronalen Strukturen unseres Gehirns fixiert? Keine Angst, so machtlos sind wir auch wieder nicht.
Beschäftigt man sich mit der Forschung zum Thema Framing fasst man schnell verschiedene Meinungen auf. Einig ist sich die Forschung darüber, dass Framing eine Wirkung auf den Hörer und die Hörerin hat. Über die Ausmaße dieser Wirkung gibt es jedoch verschiedene Meinungen. Die Wirkung des Framings kann extrem individuell ausfallen.

4. Jetzt wissen wir, wie Framing funktioniert. Was sollten wir jetzt tun?

 

Es lohnt sich, Framing im Alltag und im Job zu entlarven. Nehmen wir das Beispiel politischer Diskussionen.
Achten Sie auf Ihre eigene Wortwahl und die Ihres Gegenübers. Wird eine Bewertung impliziert oder eine Denkrichtung vorgegeben?

  • Gibt es vielleicht auch alternative Ausdrucksweisen, die eine Situation neutraler darstellen können?
  • Hinterfragen Sie die Intention des gewählten Sprachgebrauchs!

Ein anderes Beispiel begegnet uns im Alltag beim Einkaufen. Lebensmittel werden als „glutenfrei“ ausgezeichnet, dabei sind einige Produkte von Natur aus glutenfrei. Damit erscheinen Produkte als gesünder und werden eher gekauft. In der Welt des Marketings wird also getrickst. Keine große Überraschung.

Auch kann die Macht der Frames uns helfen, bewusstere Entscheidungen zu treffen. Es bietet sogar die Möglichkeit, es als Werkzeug zu benutzen, um eine positive Denkweise zu kreieren. Für einen positiveren Blick im Job und Alltag.
Wie kommuniziert man zum Beispiel auf der Arbeit, dass „heute nicht mein Tag ist“? Die positive Einrahmung wäre „Heute ist zwar nicht mein Tag, aber bald bin ich wieder fit“. Negativ ausgedrückt hält man sich fest an der Aussage „Mir geht es sehr schlecht“.
Und wofür tun wird das?

  • Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass positive Gedanken das eigene Wohlbefinden stärken.
  • Setzen wir uns selber positive Frames, kann sich damit auch unsere Laune steigern und damit unser Antrieb für anstehende Aufgaben.

Ein „Re-Framing“, das heißt ein Perspektivenwechsel, fällt nicht vom Baum. Es ist ein Prozess, der anfänglich das Bewusstsein des Themas erfordert. Der erste Schritt ist also getan. Was können wir noch tun, um mit unserem sprachlichen Denken neue „Rahmen“ zu schaffen? Darüber hinaus ist es hilfreich seinen Wortschatz zu erweitern mit verschiedenen Übungen. Lesen Sie dazu gerne unseren Beitrag über die Wortschatzerweiterung.

Ob beim Zeitung lesen, Nachrichten schauen, im Gespräch mit Freunden oder im Business-Alltag: Framing passiert überall, wo Kommunikation stattfindet. Fangen Sie an sich bewusst zu fragen, welcher Antrieb dahintersteckt und welche Alternativen es in der Wortwahl gibt. Vielleicht haben Sie ja den ein oder anderen Aha-Moment.

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