Männliche und weibliche Kommunikation – warum die Kommunikation zwischen Mann und Frau so schwer sein kann

Sucht man nach Tipps für eine erfolgreiche Beziehung, so scheint die goldene Regel zu lauten: Kommunikation ist das A und O! Nur mit einem gesunden Kommunikationsverhalten, lässt sich eine funktionierende Beziehung führen. In dieser Aussage steckt viel Wahrheit drin. Aber dieser Ratschlag lässt uns auch allein auf weiter Flur damit, warum es in der Kommunikation zwischen Mann und Frau problematisch sein kann. Frauen haben oft das Gefühl, dass Männer sie belehren möchten, indem sie dozieren und kritisieren. Männer haben das Gefühl, Frauen nörgeln nur an ihnen herum und sprechen nicht aus, was sie denken.

Menschen haben unterschiedliche Gesprächsstile. Diese Aussage lässt sich auf den ersten Blick gut nachvollziehen. Kommen zum Beispiel Menschen aus verschiedenen Regionen des Landes zusammen, kann es dazu kommen, dass es aufgrund der zahlreichen Varianten einer Sprache zu Kommunikationshürden kommt. In der Soziolinguistik heißt es unter anderem, dass auch Frauen und Männer verschiedene Sprachen sprechen, da sie im Grunde in verschiedenen Kulturen aufwachsen. So gälte ein Gespräch zwischen den Geschlechtern Mann und Frau als interkulturelle Kommunikation.

Woher kommen die Differenzen in der Kommunikation zwischen den Geschlechtern und inwiefern unterscheidet sie sich genau? Wie können wir unsere Kommunikation miteinander verbessern, sowohl im Berufs-, als auch im Privatleben? Wir versuchen mit unserem Beitrag ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Denn das Verstehen dieser Situationen kann Erleichterung und Verbesserung für unser Miteinander hervorbringen.

Geschlecht und Kommunikation als Kulturdebatte – Gender und Sprache

 

Über männliche und weibliche Kommunikation kann man nicht mal eben nebenbei reden, ohne den Blick in viele verschiedene Richtungen zu werfen. Vor allem in einer Zeit, in der das Gendern eine Kulturdebatte ist. Das Thema ist Zündstoff für lange und ausgiebige Diskussionen. Dieser Beitrag beansprucht nicht, das weite Feld in der heutigen Gender-Debatte abzudecken, aber er soll zumindest manche Themen ansprechen und Denkanstöße geben.

Im englischen Sprachraum steht das Wort „Gender“ für das soziale, gelebte und gefühlte Geschlecht und steht im Gegensatz zum „sex“, dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht aufgrund von körperlichen Merkmalen. Im Englischen gibt es also zwei Begriffe „gender“ und „sex“. In unserer deutschen Sprache gibt es nur einen Begriff und zwar „Geschlecht“. Mittlerweile wird der Begriff „gender“ aber auch im Deutschen verwendet.

Dass sich Mann und Frau als Ehepaar zusammentun, galt lange als gesellschaftliche Norm – auch Heteronormativität genannt. Die klassische Mann-Frau-Beziehung ist das Paradebeispiel für Kommunikationsprobleme. Außerdem ein beliebtes Motiv für unzählige Parodien in der Unterhaltungswelt. Aber auch abseits von Heteronormativität, lebt man alleinstehend oder in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, es bleibt nicht aus: der enge Kontakt zu Angehörigen des anderen Geschlechts – sei es in der Verwandtschaft, auf der Arbeit oder im Freundeskreis.

Die Welt lässt sich natürlich nicht einfach in männliche und weibliche Verhaltensweisen einteilen. Auch sind nicht alle Männer und Frauen gleich. Dennoch lassen sich sogenannte maskuline Verhaltensweisen öfter bei Männern finden, sowie sogenannte feminine Verhaltensweisen bei Frauen. ABER: Genauso gut lassen sich diese Merkmale jeweils beim anderen Geschlecht wiederfinden. So können Männer feminine Verhaltensweisen an sich haben und Frauen männliche Merkmale. Das ist ganz normal. Unter dieser Berücksichtigung erklärt es sich aber auch, dass wir heutzutage vor mehr als zwei Geschlechteridentitäten stehen. Personen bezeichnen sich zum Beispiel selbst als nicht-binär, wenn sie sich selbst nicht nur als Mann oder nur als Frau wahrnehmen. Seit 2018 ist auch die Eintragung divers als nicht-binäre Geschlechtsidentität möglich. Trotzdem spricht dieser Beitrag über die Kommunikation von Mann und Frau. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass Mann nicht gleich Mann ist und Frau nicht gleich Frau und es viele Identitäten dazwischen gibt. Es erscheint dennoch schlüssig in vielen Situationen von männlicher und weiblicher Kommunikation zu sprechen, da es diese Muster sind, in denen wir interagieren aufgrund Jahrhunderter-langer praktizierter Geschlechterunterteilung in Mann und Frau.

Die Geschlechtsbestimmung ist gekoppelt an einer Vielzahl von Darstellungen (Doing gender), die zeigen: Ich bin ein Mann, oder: Ich bin eine Frau! Das zeigt sich kulturell und historisch vor allem an unserer Kleidung, unserem Konsum, unseren Hobbys aber auch in unseren Verhaltens- und Sprechweisen. Die Geschlechterunterscheidung in Mann und Frau hat nicht nur Ungleichbewertungen und Hierarchisierungen hervorgebracht, sie wirkt sich auch auf unser Sprachsystem aus und somit unsere Verständigung. Nur wenn wir die Unterschiede verstehen, können wir anfangen unser Potenzial zu nutzen, einer festgefahrenen Gesprächsnorm entkommen und so Frustration vermeiden.

Darf es überhaupt Unterschiede geben zwischen Mann und Frau?

 

Gesellschaftlich wird durch die Politik seit einigen Jahrzehnten der Versuch unternommen die Unterscheidung nach Geschlecht zu unterbinden. Das ist vor allem von Bedeutung, wenn es um berufliche Chancen geht. Das Geschlecht darf bei der Berufswahl theoretisch keine Rolle mehr spielen (Undoing Gender). Die Unterscheidung verliert immer mehr an Relevanz, so lautet das Ziel. Die Wissenschaft stellt sich die Frage, ob sich dieser gesellschaftliche Wandel bereits in der Sprache und im Gespräch niedergeschlagen hat oder ob wir gerade inmitten dieses Prozesses sind. Der Diskurs über eine gendergerechte Sprache wird besonders deutlich am Beispiel des generischen Maskulinums und dem Versuch aus einer Männersprache eine inklusive Sprache zu machen.

Bei dem generischen Maskulin handelt es sich um die männliche Form einer Personen- oder Berufsbezeichnung. Die männliche Form gilt dabei als Norm für eine Gruppe, die sich aus allen Geschlechtern zusammensetzt. Es wird zu einem allgemeingültigen Oberbegriff (generisch). In unserer deutschen Sprache ist es lange üblich gewesen, dass generische Maskulinum zu nutzen, statt dem generischen Femininum oder einer neutralen Ausdrucksweise.

Dieser Sprachgebrauch, indem sich Frauen mitgedacht fühlen sollen, aber nicht mitgedacht werden, kann Frauen unsichtbar machen. Ebenso geht es Menschen mit einer nicht-binären Identität.

Als Alternative dazu entwickelt sich die geschlechtergerechte Sprache. Dabei werden neutrale Bezeichnungen oder Umschreibungen empfohlen, die Verwendung eines Gendersternchens oder die Nennung sowohl der weiblichen als auch der männlichen Bezeichnung.

In Bezug auf das Gesprächsverhältnis zwischen Mann und Frau lässt sich dennoch sagen, dass tatsächlich vorhandenen Verhaltensmuster gesehen und analysiert werden sollten, um sie letztendlich zu überwinden. Die Professorin für Linguistik, Deborah Tannen, fasst es so zusammen: „Wenn man etwas großes unter den Teppich kehrt, verschwindet es nicht; es wird zur Stolperfalle und läßt einen der Länge nach hinschlagen, wenn man durchs Zimmer geht“.

Andere Worte – andere Welten: Gibt es eine Frauen- und eine Männersprache?

 

Die wissenschaftliche Erforschung der genderorientierten Kommunikation beginnt 1973 mit der Linguistin Robin Lakoff. Sie stellt fest: Weibliche Kommunikation habe eine Art, die Frauen leicht unterdrückbar mache. Denn diese Kommunikation ist geprägt durch Vorsicht, Höflichkeit, demonstrierter Unsicherheit und Bescheidenheit. Frauen neigen dazu öfter Fragen zu stellen, in der Wissenschaft spricht man von question tags. Statt Behauptungen aufzustellen, sichern sich Frauen gerne mit Adverbien wie: „irgendwie“, „oder so“ und Einleitungen wie: „Ich finde, meine, denke…“ ab. Männer seien im Gegensatz dazu durchsetzungsstärker.

Die Soziolinguistin Deborah Tannen geht davon aus, dass für Männer Gespräche Verhandlungen sind, in denen man sich behaupten muss. Männer sehen sich eher als Individuum einer hierarchischen Ordnung, in der der eigene Status stets auf dem Spiel steht. Gespräche werden so zum Wettkampf. Frauen hingegen sehen sich als Individuum in einem Netzwerk aus sozialen Bindungen. Gespräche sind Verhandlungen über Nähe und Unterstützung in einer Gemeinschaft. Dieses Verhalten führt nach Tannen zu einer Beziehungssprache (rapport-talk) der Frau und einer Berichtsprache (report-talk) des Mannes. Danach fühlen sich Männer eher wohl, wenn sie „öffentlich“ sprechen und Frauen, wenn sie „privat“ sprechen. Dieses Verhalten ist wiederum die Basis für typische Kommunikationssituationen zwischen Mann und Frau.

Studien zu Fernsehdiskussionen, Paar- und Gruppengesprächen zwischen 1979 und 1991 die ergaben, dass Männer Frauen mehr unterbrechen und stärker an ihren Themen und Meinungen festhalten. Deborah Tannen betont bei diesem Punkt jedoch, dass nicht jede Unterbrechung als Dominanzsignal gewertet werden kann. In bestimmten Kontexten spricht man von verschiedenen Unterbrechungstypen zum Beispiel als Zeichen einer hohen Involviertheit oder eines hohen Interesses.

Eines der hartnäckigsten Stereotypen in unserer Gesellschaft ist wohl, dass Frauen redseliger sind als Männer. Studien konnten jedoch aufzeigen, dass auch hier wieder von einem öffentlichen und privaten Zusammenhang unterschieden werden muss. Im öffentlichen Zusammenhang ist es der Mann, der eher zur verbalen Selbstdarstellung neigt, zum Beispiel auf der Arbeit oder in größeren Personengruppen. Frauen reden mehr im privaten Bereich, in kleineren vertrauten Gruppen, und neigen vermeintlich mehr zu „Klatsch“. Dieses Bild führt uns wieder zu der idealtypischen Unterscheidung von Deborah Tannen zwischen Beziehungs- und Berichtsprache.

Fassen wir zusammen: die Präferenzen des männlichen und weiblichen Kommunikationsstils

 
Ein kurzer Überblick über das bisher Gesagte
Weibliches VerhaltenMännliches Verhalten
Geprägt von Vorsicht und Höflichkeit, häufige Verwendung von question tagsVermeintlich durchsetzungsstärker
Sprechweise verfolgt eine Beziehungssprache (Rapport talk)Verfolgt eine Berichtsprache (Report talk)
Tendiert dazu im privaten Bereich mehr zu sprechenNeigt dazu in der Öffentlichkeit mehr zu sprechen
Aber wo finden diese Unterschiede praktisch statt? Beispiele aus dem Privat- und Berufsleben
 

Die Verhaltensweisen einer Beziehungssprache und der einer Berichtsprache führen nach D. Tannen zu dem Symbolbild des schweigenden Mannes und der redseligen Frau in der partnerschaftlichen Beziehung.

Auch im Berufsleben kommt es zu diesen Situationen. Folgen wir dem, was wir bisher erfahren haben würde eine Frau in der Arbeitswelt sich eher zu der Aussage „Ich finde, wir sollten zu dem Thema ein Meeting einberufen“ hinreißen lassen, als die vermeintlich männliche Art der Aussagen „Morgen um 10 Uhr machen wir ein Meeting!“ zu nutzen. Laut D. Tannen entscheidet sich Frau tendenziell eher für den höflichen Stil, der Raum für Diskussion lässt. Der Mann tendiert nach D. Tannen eher dazu, dominant und selbstbewusst Aussagen zu treffen. Genau so gut kann es passieren, dass Frauen in einem gemeinsamen Meeting mit Männern untergehen. Oft hat man schon von dem Fall gehört, dass Frauen Vorschläge anbringen und nicht gehört werden. Im Gegensatz wird dieselbe Idee wird im Meeting von einem Mann geäußert und gelobt. Auch Frauen sind daran interessiert einen Status zu gewinnen, aber sie verfolgen dieses Ziel in der Regel auf einem anderen Weg.

Fazit: Neue Kommunikationswege eröffnen

 

 

Es gibt Hoffnung für die Zukunft, dass wir zugewiesene Kommunikationsrollen überwinden können. Denn: Gewohnheiten lassen sich durchbrechen. Die Basis dafür ist wie so oft das Verständnis der unterschiedlichen Gesprächsstile.

Aber was stellen wir mit diesem Wissen an? Soll man als zurückhaltende Frau das hierarchische System adaptieren? Und als Mann seine sensible Seite entdecken? Viele fühlen sich dabei wahrscheinlich unwohl und nicht authentisch. Aber vielleicht kann man verschiedene Elemente beider Verhaltensweisen kombinieren. Eine geschärfte Wahrnehmung kann sensibilisieren und Missverständnisse verhindern.

Was wir dazu brauchen sind Aufmerksamkeit und Akzeptanz. Zunächst gegenüber unserem eigenen Kommunikationsverhalten und dem des Gegenübers im Gespräch. Es ist unbedingt notwendig, Situationen, in denen es zu Missverständnissen kommt zu reflektieren und danach sein Verhalten anzupassen.

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